Heute erscheint eine neue Rubrik: Die Kolumne.
Die Kolumne ist ein Meinungsbeitrag in Kurzform – bestens geeignet, um kleine Begebenheiten zu kommentieren.
Freundliches WegGefährt
„Ich habe dein Auto repariert – und bin gleich da, um dich abzuholen.“ Das nenne ich Service, der sich sehen lassen kann! Völlig baff bin ich, als mich der Automechaniker anruft. Es regnet nämlich Bindfäden und bis zur Autowerkstatt wäre es ein halbstündiger Fußmarsch raus zur Halbinsel Seltjarnanes. Zwar fährt gelegentlich ein Linienbus dort raus. Doch das öffentliche Bussystem Strætó in Reykjavík lässt zu wünschen übrig. Die Busse fahren relativ selten. Und es kam auch schon mal vor, dass ich an der Bushaltestelle saß und kein Bus kam.
Außerhalb der Stadt funktioniert das isländische Servicedenken der Busfahrer allerdings ganz gut. Wer nett fragt, bekommt einen Extra-Stopp auf der Strecke. Manchmal machen die Busfahrer auch kleine Umwege, um einen an ein bestimmtes Ziel zu bringen. Völlig selbstverständlich scheint es zu sein, dass Überlandbusse als Versorgungstransporter fungieren. An der Busstation in Borganes beispielsweise, eine Autostunde nördlich von Reykjavík entfernt, stapeln sich manchmal die Kartons gefüllt mit Sandwiches, Süßigkeiten und Chips – Nachbestellungen aus der Hauptstadt, geordert von den umliegenden Restaurants in Borganes. Schließlich wäre es viel zu teuer, ein Transport-Lkw mit vier Bananenkisten auf die Straße zu schicken. Der Überland-Reisebus fährt sowieso.
Ich schaue etwas ungläubig auf die Straße und frage mich, ob ich den Werkstattleiter wirklich richtig verstanden habe. Doch keine zehn Minuten später sitze ich auf dem Beifahrersitz meines eigenen, nicht mehr wie ein Traktor knatternden Autos und werde zur Wertstatt kutschiert, um die Rechnung zu begleichen – ohne Servicezuschlag!
Wie nett :) Und wieder einmal sehr schön beschrieben. Dein Bericht passt sehr gut zu Island, so wie ich es erlebt habe. Endlich weiss ich jetzt auch etwas mehr über den öffentlichen Verkehr in Island. Ich hatte mich nämlich schon gewundert, wie gut das öffentliche Busnetz in Reykjavík funktioniert. Vielen Dank für diese tolle Kolumne :)
Diese isländische Werkstatt hat wirklich gute Dienstleistungsgrundsätze, die hier in Deutschland noch wenig verbreitet sind. Aber es gibt doch schon auch vielversprechende Ansätze, so z.B. mobile Fahrradwerkstätten, die zum Kunden kommen, um vor Ort das Radl zu reparieren. Es ist ja naheliegend: Mit einem defekten Rad kann ich nicht zur Werkstatt fahren, da muss halt die Werkstatt zum Rad kommen.
Hoffen wir, dass sich diese guten Ansätze weiter verbreiten.
Vielen lieben Dank für eure Kommentare!
@Barbara: Freut mich, dass du in meiner Kolumne Island wiederentdeckst!
@Reinhold: Das klingt gut mit den mobilen Fahrradwerkstätten, ja, und so vorbildlichen Service brauchen wir mehr! Macht doch dann auch gleich viel mehr Spaß, wenn es unkompliziert ist.
Genau so hab ichs auch erlebt! :-)
Saß mal seeehr lang wartend an der Bushaltestelle bei der Esja (dafür hab ich dann beim Autostop eine nette isländische Familie kennengelernt, ich denke, das war einfach so gewollt).
Und Busfahrer und Werkstättenbesitzer am Land sind universalbegabt und -hilfreich. Wir haben diesen Sommer in der Autowerkstatt auch mal Wanderstiefel repariert bekommen und unser fast 70-jähriger Busfahrer war nicht nur ein Gentleman im Anzug, sondern konnte auch mit Pferden umgehen und ein Boot in den Hafen einweisen.