Im aktuellen Heft 5/2010 des Nordeuropa-Magazins Nordis ist mein Bericht mit Fotos über die einzige Brauerei auf den Färöer Inseln erschienen.
„SCHWARZE SCHAFE“ TROTZEN DER KONKURRENZ
Es ist ein erfolgreiches Familienunternehmen, das Wind, Wettbewerbern und Wirtschaftskrisen trotzt – und mit neuen Kreationen und einer jungen Frau an der Spitze vorwärts geht. Die einzige Brauerei auf den Färöer Inseln, Föroya Bjór, besteht seit 120 Jahren in vierter Generation. In Klakksvík auf einer der Nordinseln werden klassische Biere, Biere mit modernen Geschmacksrichtungen sowie Softdrinks produziert.
Das schwarze Schaf trotzt jeglichen Widrigkeiten. Symbolisiert mit gelben, funkelnden Augen ist das schwarze Tier von gleißend weißen Blitzen umgeben. So etikettiert die einzige Brauerei der Färöer Inseln, Föroya Bjór, eines seiner dunklen Lagerbiere. „The Black Sheep haben wir 1992 auf den Markt gebracht“, erklärt Marketingchefin Annika Waag. „Es ist eine Anspielung auf die damalige Wirtschafts- und Finanzkrise auf den Färöern. Mein Vater konnte es sich nicht verkneifen.“ Die Färöer (Schafsinseln), die seit 1948 mit eigener Regierung und Verwaltung selbstständiges Mitglied des dänischen Reichsverbands ist, konnte in Dänemark aufgenommene Kredite damals nicht mehr bezahlen. Durch den Rückgang von Fischgründen ging es vielen Firmen an den Kragen, einige mussten staatlich subventioniert werden. Doch die Färinger ließen sich nicht unterkriegen.
Ebenso wie Annika Waags Vater Einar hatte dessen Großvater bereits 120 Jahre zuvor revolutionär die färöische Flagge gehisst wie ein altes Foto in der Brauerei zeigt. Símun í Vági hat 1888 Föroya Bjór in Klakksvík gegründet – der Widder war von Beginn an Symbol der Brauerei. Símun war eines von 13 Kindern in einer armen Familie. „Doch mein Urgroßvater war ein Rebell“, erzählt Annika Waag. „Er lernte Bäcker und Braumeister, studierte in Kopenhagen und machte sich nach seiner Rückkehr auf die Färöer in Klakksvík selbstständig.“
Dynamisch, wie auch ihr Urgroßvater es gewesen sein muss, zeigt die junge Unternehmerin und Mutter den Besuchern die Brauerei. Annika führt den Betrieb mit 35 Mitarbeitern zusammen mit ihrem Vater Einar. Dabei treffen Tradition und Moderne aufeinander. „Wir diskutieren manchmal viel.“ Annika ist experimentierfreudig. „Man muss an Bewährtem festhalten, aber auch immer wieder Neues ausprobieren, um nicht still zu stehen.“ Bis neue Zusammensetzungen und Geschmacksrichtungen gefunden sind, dauert es manchmal Monate. „Oft habe ich zuerst eine Idee für den Namen. Meist hat er mit unserer Umgebung zu tun“, erläutert Annika Waag. „Dann geht es an die Auswahl der richtigen Zutaten.“ Das klassische Pilsner gibt es seit 50 Jahren und ist auch der Verkaufsschlager. Föroya Bjór wird nach Dänemark und Island exportiert. Aber auch die neuere Erfindung von Bier mit heimischem Rhabarber oder Angelika (Engelwurz) kommt gut an – „vor allem bei Frauen“, weiß Annika Waag. „Es enthält weniger Hopfen, ist nicht ganz so herb.“
Insgesamt werden jährlich rund 15.000 Hektoliter Bier in 15 verschiedenen Sorten sowie eine ebenso große Menge an Softdrinks in zehn Sorten von Föroya Bjór produziert. Wichtig ist Vater und Tochter Waag auch das deutsche Reinheitsgebot. „Wir haben beide in Deutschland studiert. Ich habe in Berlin meinen Braumeister gemacht“, erzählt Annika Waag. Regelmäßig lassen die Braumeister ihre neu zusammengestellten Biersorten von professionellen Biertestern im Ausland überprüfen – „das machen so kleine Brauereien nur selten“, weiß Annika Waag. Doch die Sorgfalt zahlt sich aus. Die Biersorten von Föroya Bjór haben schon einige Medaillen gewonnen – wie beispielsweise das erste Schokoladenbier zu Weihnachten.
„Es war nicht leicht nach den Studienjahren im Ausland zurückzukommen“, erzählt Annika offen. „Erst war es ein Kulturschock. Hier ist es schön, aber im Winter doch sehr hart und einsam.“ Doch wie ihre Vorfahren und das Symbol der Brauerei trotzt die junge Frau den Widrigkeiten und hat neue Ideen. „Mein Traum ist es, das Haus meines Urgroßvaters zu einer Bierstube umzubauen.“
INFO über Klakksvík:
Klakksvík ist das Zentrum der Nordinseln der insgesamt 18 Inseln der Färöer. Die Färöer liegen nordwestlich von Schottland auf halben Weg zwischen Norwegen und Island. Insgesamt leben knapp 50.000 Einwohner auf den Färöer, etwa 4.700 Färinger leben in Klakksvík. Die Stadt liegt auf der Insel Borðoy, die größte der sechs Nordinseln. Tunnel, teils einspurig, und eine Fährstrecke verbinden die Inseln. Seitdem 2006 der 5,6 Kilometer lange Unterseetunnel teilweise 150 Meter unter der Meeresoberfläche zwischen Klakksvík und Leirvík eröffnet worden ist, ist die Hauptstadt Tórshavn innerhalb einer Autostunde zu erreichen.
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