Sólheimar: Eine Lebensgemeinschaft der besonderen Art in einem Öko-Dorf
Konzentriert schiebt Edda das schmale, hellblaue Stoffband einmal über den weißen Faden des Webstuhls, einmal unten dem weißen Faden durch, oben drüber, unten drunter, oben drüber. Dann schaut sie auf und lacht, dass ihre Augen unter den Pausbacken fast verschwinden. Neben Edda sitzt ihr Mann Olafur in einem dunkelbraunen Ohrensessel. Das Wollknäuel zwischen die Knie geklemmt strickt er eine Reihe nach der anderen. Nebenan in der Werkstatt stickt Jolanda María bunte Bilder, Magnus und Guðrun Lára bearbeiten Holz und Tonperlen, die zu Knöpfen werden. Here go to English version

Das Leben im Dorf Sólheimar ist geschäftig, aber nicht hektisch. Jeder macht so schnell, so viel, so gut er kann. 43 der rund 100 Isländer, die in dem Dorf im Süden der Insel leben, sind Menschen mit Behinderung. Eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme sind die verschiedenen Workshops aber keineswegs. Qualitativ hochwertige Kunstwerke und Gebrauchsgegenstände werden in der Kerzenzieherei, Weberei, Schreinerei, Töpferei und Kräuterwerkstatt hergestellt. Wer sich überzeugen und ein handgemachtes Produkt erstehen will, kann dies im eigenen Dorfladen tun. Úlla hilft sicherlich gerne weiter – wenn nicht gerade ihr Freund der Dorfpostbote EyÞor hereinstürmt und mit ihr flirtet.
In Sólheimar wird aber nicht nur handwerklich gearbeitet. Auf den insgesamt 250 Hektar Farmland wird Forstwirtschaft in einem der wenigen kleinen Wälder Islands betrieben. Es gibt Felder und Gewächshäuser, in denen jährlich etwa 18 Tonnen Gemüse angebaut werden. Besucher können im dorfeigenen Gästehaus übernachten. Und das Sesseljuhús ist ein Projekt zur erneuerbaren Energiewirtschaft. Das Dorf versucht sich selbst zu versorgen.
Und das schon seit 80 Jahren. Damals hat Sesselja Hreindís Sigmundsdóttir Sólheimar gegründet. „Schon als 14-Jährige hat sie beschlossen, einmal Kindern zu helfen“, erzählt Erlendur Pálsson, Personalleiter von Sólheimar. Sein Büro ist im ersten Haus, das es in Sólheimar gegeben hat. Nebenan ist der ehemalige, holzvertäfelte Speisesaal, die Durchreiche zur Küche gibt es auch noch. „Sesselja reiste als junge Frau nach Dänemark und Deutschland, studierte Rudolf Steiners Philosophie, die heutige Waldorf-Pädagogik“, berichtet Erlendur weiter. Zurück in Island suchte Sesselja Mitstreiter ihrer Idee, ein anthroposophisches Kinderheim zu eröffnen. Ein Priester fand das Grundstück nach Þingvellir: Es ist nicht zu weit weg von Reykjavík, hat aber zur Selbstversorgung eine heiße Quelle. Am 5. Juli 1930 zog Sesselja mit fünf Kindern nach Sólheimar (Sonnenheim).
Inzwischen hat sich Sólheimar vor allem zu einem Öko-Dorf entwickelt. „Es gab hier den ersten organischen Garten Skandinaviens“, erklärt Erlendur. „Auch war es der erste Platz auf der Welt, in dem Kinder mit und ohne Behinderung aufgezogen wurden.“ In vielerlei Hinsicht sei in Sólheimar Pionierarbeit geleistet worden. „Deshalb ist es auch der beste Platz zu leben und zu arbeiten“, findet Erlendur. Das findet auch Jolanda, die seit elf Jahren in Sólheimar lebt. „Ich bin glücklich!“ Sie strahlt übers ganze Gesicht und zeigt stolz ihre gesamte Kollektion gestickter Bilder. „Gute Menschen, gute Freunde, gutes Essen gibt es hier“, meint Úlla. „Außerdem ein Schwimmbad.“ Mehr braucht der Isländer nicht. Und nachdem sich ihr Freund zum weiteren Briefeaustragen verabschiedet hat, räumt Úlla die selbstgezogenen Kerzen, Keramikgeschirr und bunten Webtaschen ein. Gegenüber dem kleinen Dorfladen entspannen sich die Besucher, von denen im Jahr zwischen 30.000 und 35.000 in Sólheimar vorbei kommen und sich das Dorf zeigen lassen. Das Dorfcafé ähnelt einem Gewächshaus, der selbstgebackene Kuchen schmeckt besonders gut, wenn man weiß, woher die Zutaten kommen.

English version

Sólheimar: A special kind of community in an eco-village
Edda pushes concentrated the narrow light blue cloth tape over the white thread of the loom, even below the white line through, up about it. Then she looks up and laughs, her eyes almost disappear under the chubby cheeks. Edda is sitting next to her husband Olafur. He sits in a dark brown wing chair, the ball of wool between his knees. Next door in the workshop Jolanda María embroiders colorful images, Magnus and Gudrun Lára work with wood.
Life in the village Sólheimar is busy but not hectic. Everyone is so quick he can. 43 of 100 Icelanders who live in the village in the south of the island are people with disabilities. The various workshops are no job creation schemes. High-quality works of art and objects of utility are manufactured in the candle workshop, weaving, carpentry, pottery and herbal shop. Who wants to convince himself and buy a handmade product can do so in the village shop. Úlla certainly be happy to help – if not their friend and postman EyÞor bursts in and flirts with her.
In Sólheimar is not only handicraft. On the 250 hectare farm land forests are managed in one of the few small forests in Iceland. There are fields and greenhouses, where each year 18 tonnes of vegetables grown. Visitors can stay at the village’s guesthouse. And Sesseljuhús is a project for renewable energy. The village trying to provide by itself.
And these since 80 years. At that time Sesselja Hreindís Sigmundsdóttir founded Sólheimar. „She was only 14 years old, she decided to help children once,“ said Erlendur Pálsson, personnel manager of Sólheimar. His office is in the first house that there has been, next door to the former wood-paneled dining room. „Sesselja traveled as a young woman to Denmark and Germany, studied Rudolf Steiner’s philosophy, today’s Waldorf Education“ reports Erlendur. Back in Iceland Sesselja sought supporters of the idea to open an anthroposophic children’s home. A priest found the area near Þingvellir: It is not too far away from Reykjavík, but for self-care a hot spring. On 5 July 1930 Sesselja moved with five children to Sólheimar (sun home).
Meanwhile Sólheimar has developed primarily to an eco-village. „There was the first organic garden in Scandinavia,“ said Erlendur. „It was also the first place in the world, where children with and without disabilities reared.“ In many respects Sólheimar pioneer. „Therefore, it is also the best place to live and work,“ says Erlendur. This is also Jolanda, who has lived eleven years in Sólheimar. „I’m happy!“ She smiles and displays proudly her entire collection of embroidered pictures. „There are good people, good friends, good food here,“ said Ulla. „In addition a swimming pool.“ The Icelanders don´t need more. Compared to the small village shop visitors can relax in the Village Cafe like a greenhouse, the homemade cake tastes even better when you know where are the ingredients from.